Bélon
- Agnes
- 6. Juni
- 3 Min. Lesezeit
Aktualisiert: 10. Juni

Bei leichtem Nielselregen kommen wir in Bélon an. Oder viel mehr auf dem Naturcampingplatz des Chateau de Bélon. Wir haben keine Ahnung wo wir gelandet sind und finden in der Rezeption keinen Menschen, aber dafür ein Schild, auf dem steht, das wir bitte zum Chateau runterkommen sollen, wo wir uns registrieren können. Außerdem steht da, man solle sich einfach irgendwo einen Platz aussuchen, der einem gefällt. Das machen wir sofort. Der Platz ist unterteilt in mehrere große Wiesen, die jeweils von riesigen Bäumen umgeben sind, Wir fahren auf die erste Wiese und stellen uns unter eine große Rotbuche. Wir sind ganz alleine auf gefühlt 10.000qm und finden das paradiesisch.

Wir laufen den kleinen Weg runter zum Chateau, welches direkt an der Bélon Mündung steht, mit einem herrlichen Blick auf den Fluss, Boote und die ganze Austernzucht.
Es gibt einen Bereich auf der Rückseite des Gebäudes, wo wir die Mitarbeiter treffen, die uns herzlich begrüßen. Alles ist ganz unkompliziert, und weil gerade die Sonne rauskommt, setzen wir uns an einen langen Tisch und bekommen Austern serviert.
Nach all unseren Probierversuchen stellen wir fest: diese Auster ist anders. Sie hat tatsächlich einen anderen Geschmack und ist nicht so groß wie die üblichen Austern. Die Schale ist flach und rund. Sie ist der Star unter den Austern. Jedenfalls für uns!
Am nächsten Tag machen wir uns auf eine Wanderung an der Küste entlang.
Als wir losgehen ist Ebbe und alle Austernbänke mit den Drahttaschen, in denen die Austern wachsen sind "an der Luft".
Am Nachmittag kommt ein in die Jahre gekommenes Auto angefahren und hält auf der Wiese direkt neben uns an. Ein älterer Herr (also in unserem Alter), kurbelt das Fenster runter und fragt, ob wir mit unserem Platz zufrieden sind. Wir kommen ins Gespräch und erfahren, dass wir es mit dem Chateau Besitzer und Austernzüchter Francois de Solminhac höchstpersönlich zutun haben. Offenbar sind wir ihm sympathisch, denn er fragt, ob wir uns am nächsten Tag nochmal treffen wollen. Klar wollen wir. Wann hat man schon die Gelegenheit so einzutauchen in eine Familiengeschichte mit offenbar langer Tradition. Am nächsten Nachmittag kommt er vorbei und fragt, ob wir Lust auf einen Spaziergang haben. Natürlich.
Also wandern wir los. Er will uns seine "geheime Badebucht" zeigen. Wir laufen über das weitläufige Gelände, steigen über Zäune und erfahren von ihm, wie er dafür kämpft, das sein Erbe erhalten bleibt. Nicht nur sein Besitz an sich, sondern die Natur, die er in seiner Ursprünglichkeit bewahren möchte. Er erzählt von Investoren, Bankern und Lokalpolitiern, die ihn immer wieder bedrängen und zum Verkauf bewegen wollen. Für ihn kommt das alles überhaupt nicht in Frage und für seine 4 Kinder genauso wenig. Da ist sich die Familie einig.
Die Familie de Solminhac
Natürlich recherchieren wir ein wenig und stoßen auf eine spannende Geschichte. Die Familie ist in der 5. Generation hier mit der Austernzucht beschäftigt.
Die erste Austernzucht begann 18864 auf der Konzession von Auguste de Solminihac und seinem Schwager Hippolyte der Mauduit an dier Mündung des Flusses Bélon zur Zeit Napoleon dem III. Auf Anragen von Victor Coste ( Gründer des Marinariums am College de France in Concarneau) legen sie den Flussgrud mit lehmigem Tuffstein und Sand aus, um die Austernbrut aufzunehmen. Diese Pioniere gründeten die erste Austernfarm am Fluss, die dank der Ankunft der Eisenbahn in Quimperlé florierte und Lieferungen bis nach England ermöglichte.
Die Bélon Auster gewann Auszeichnungen wie Gold- und Silberbedaillen beim Gastronomiewettbewerb von 1875 und wurde von der großen Pariser Gastronomie entdeckt.
Der Fluss und seine besondere Auster erlangten schnell einen hervorragenden Ruf, der bis heute anhält und auf die Besonderheiten dieses Flusses zurückzuführen ist. Der Fluss Bélon ist eine Mischung aus Süßwasser (reich an Mineralsalzen und Eisen) und Meerwasser. Er hat zwei tägliche Gezeiten, die zu einer Durchmischung des Wassers, einem für die Austernzucht günstigen Salzgehalt und einem Überfluss an Plankton führen. Der Fluss ist ein einzigartiges Ökosystem, das den Austern einen Geschmack verleiht, der sowohl nussig als auch muschelartig ist.
Wir erfahren von Francois der Solminihac wie sehr er Wert auf Umweltschutz legt und auf die handwerkliche Produktion hochwertiger Austern. Er exportiert nicht ins Ausland, sondern verkauft seine gesamte Produktion in Frankreich. Kurze Vertriebswege sind ihm sehr wichtig.
Zur Info: die Austernfarm produziert jährlich zwischen 15 und 20 Tonnen geschälte Austern und verarbeitet die gleiche Menge an flachen Austern.
Aber schaut und hört selbst...
Was für eine wunderbare Begegnung mit einem interessanten Menschen.
Als wir von der Badebucht Expedition zurückkommen, verabschiedet er uns mit den Worten, "Ich umarme euch, auf ein Wiedersehen und bis bald!"
Wir steigen ziemlich gerührt in unser Auto und brauchen Tage, um diese persönlichen Eindrücke sacken zu lassen.
Wir wollen noch nach Pont Aven und dann Richtung Halbinsel Crozon.
C´est parti.





















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